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Retroperspektive Anime-Season Frühling/Sommer 2009: Tokyo Magnitude 8.0

by TMSIDR

Man mag es kaum glauben, aber ab und zu schaue ich auch mal Animes, die weniger dem Mainstream zuzuordnen sind und auf die Otakuzielgruppe abzielen. Letzte Season stand für mich fest Tokyo Magnitude 8.0 im Programm, was zum einen an der Thematik liegt und zum anderen an den Machern, nämlich Bones. Ich bin eh ein Fan von Katastrophenfilmen und schaue mir vor allem die Hollywoodvarianten wie Twister, Day after tomorrow oder auch Titanic gerne an (die Liebesgeschichte in Titanic ist weniger gut gemacht, aber der Schiffsuntergang ist für mich immer noch eine der schockierendesten Darstellung einer solchen Thematik). Man kann sagen, ich mag sowohl das trashige als auch dramatische und bei TM 8.0 rechnete ich schon mit allerlei Drama und nachdem ich den Einleitungsbildschirm sah, in dem man erfährt, dass man versucht hat, das ganze realistisch darzustellen, wurde ich noch neugieriger.

Dieser Beitrag ist übrigens ziemlich spoilerfrei und ich gebe nur Details aus den ersten beiden Folgen preis und deute das Ende nur an.

Die Geschichte dreht sich hauptsächlich um die Mittelschülerin Mirai, die man in der ersten Folge als ziemlich gelangweilte und für ihr Alter ziemlich zynisches Mädchen im normalen Alltag erleben darf. Sie ist etwas besserwisserisch und schreckt bestimmt mit ihrer Art schon einige Zuschauer ab, da sie etwas als nervige Göre rüberkommt. Ich fand sie aber recht interessant und einige Aussagen von ihr waren für mich auch nachvollziehbar. Ihr Familienleben wird für Animeverhältnisse gar nicht mal so unrealistisch dargestellt. Sie fühlt sich etwas allein gelassen von Ihren Eltern, die sich eher um ihre Arbeit kümmern, aber auch nicht extrem  lieblos rüberkommen. Mirai ärgert sich dann am um so mehr, dass sie zwar keine Aussicht auf einen richtigen Ausflug mit den Eltern in ihren Ferien hat, aber gleich mal mit ihrem kleinen Bruder Yuuki eine Roboterausstellung auf Odaiba (dieser künstlichen Insel vor Tokyo) besuchen muss. Der kleine Bruder ist charakterlich eher das genaue Gegenteil von ihr und versucht immer fröhlich zu sein bzw. „bemüht sich sehr um die Aufmerksamkeit der Eltern. Durch diese Gegensätzlichkeit ist natürlich Mirai noch etwas genervter, wenn sie auf ihren Bruder aufpassen soll, und verhält sich bei der Roboterausstellung dann auch dementsprechend, wodurch Yuuki sich aber in seiner positiven Einstellung nicht betrüben lässt. Während der kleide Bruder gerade die Toilette besucht, und Mirai auf ihn wartet, versinkt sie wieder in ihrer Unzufriedenheit über die Welt und schreibt eine Nachricht mit dem bedeutungsschwangeren Text „The world should just break“ (natürlich in jap.^^). Und das tut sie an dann im Prinzip auch…

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Wie nicht anders zu erwarten, kommt am Ende der 1. Folge das namensgebende Erdbeben der Stärke 8.0 und richtet in Tokyo große Schäden an. In der zweiten Folge sucht Mirai dann nach ihrem kleinen Bruder und kriegt Hilfe von der Mari, einer Motorradkurierfahrerin. Diese ist Mutter einer kleinen Tochter und hilft nun den beiden auf den Weg durch das zerstörte Tokyo zu ihren Eltern, da ihr Wohnort auf dem Weg liegt.

Zwar zeigt die Serie deutlich, dass ein Land wie Japan mit einer solchen Katastrophe ziemlich kontrolliert umgehen kann, aber trotzdem ist der Weg durch das in Teilen zerstörte Tokyo ein gefährliches Unterfangen, vor allem da es öfters Nachbeben gibt, die auch noch das ein oder andere Bauwerk zerstören und die Charaktere in Lebensgefahr bringen. Auch die zusammengebrochene Kommunikationstechnik sorgt für einige Sorgen, denn die 3 können nicht erfahren, ob ihre Angehörigen noch leben.

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Die Serie macht tatsächlich einen sehr realistischen Anschein und man hat nur für einige „Zufälle“ gesorgt (Stirb langsam lässt grüßen – zur falschen Zeit am falschen Ort), so dass die 3 einige Zusammenstürze von Bauwerken aus nächster Nähe erleben müssen, aber so etwas gehört einfach zu einer solchen Serie. Das ganze ist aber relativ wenig explizit, wenn es um die Darstellung der Auswirkungen geht, den nur ab und zu sieht man Leichen oder stark verwundete Leute. Größtenteils ist die Serie sogar ziemlich kinderfreundlich und zeigt eher den Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft, die durch so eine Katastrophe bei den Menschen auch ausgelöst wird. Allerdings ist das Ende vielleicht weniger gut für Kinder geeignet…

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Im Gegensatz zu vielen anderen Animes spielt diese Serie tatsächlich in der Realität und viele Schauplätze scheinen direkt übernommen worden zu sein. Ich habe selbst nur wenige Orte live gesehen, die im Anime vorkamen, aber bei den mir bekannten lief es mir schon teilweise eiskalt den Rücken hinunter, wenn man diese Orte dann zerstört sieht. Die Umsetzung wird auch intensiver, da man nur das erfährt, was die Charaktere erleben, denn die Informationen erreichen sie nur über die Fernsehnachrichten, die auf den Handys empfangbar sind und vereinzelten Aussagen von den Herlfern.

Mehr als die Hälfte der Serie lässt einen fast auf ein normales Happy End hoffen, aber es warten noch einige Wendungen auf den Zuschauer und die letzte Folge ist wirklich…emotional herausfordernd…

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Die Serie ist technisch sehr überdurchschnittlich geworden. Wo nötig, gibt es Massenszenen mit unzähligen Charakteren, die sich durch den Hintergrund bewegen und auch wenn die Figuren relativ simpel gezeichnet sind, haben sie mich doch emotional überzeugen können. Die Hintergründe sind sehr detailliert und man kann erkennen, dass man sich an realen Schauplätzen orientiert hat. Die Erdbebenszenen sind nicht allzu häufig, aber sehr spektakulär inszeniert worden und man hat nie den Eindruck, dass man bei Szenen groß sparen musste.

Klar, die Charaktere sind etwas klischeehaft und und die Story scheint ziemlich vorhersehbar zu sein, aber nimmt gegen Ende hin sehr an Fahrt auf und lässt einen sehr bewegt mit einem richtigen Ende wieder los. Ich kann die Serie wirklich jedem empfehlen, der etwas für Drama übrig hat und bitte nicht von den ersten Folgen abschrecken lassen! Diese Serie kann man sich auch getrost mit Leuten anschauen, die normalerweise keine Animes schauen, denn bis auf den Zeichenstil wäre eine solche Serie auch 1:1 als reale Serie möglich, wenn man die passenden Darsteller kriegen könnte.

Auf der Animagic meinte der Bones-Chef Masahiko Minami, dass TM 8.0 eine typische Serie ist, die für den jap. Markt produziert wird. Allerdings glaube ich, dass eine solche Serie auch viele Zuschauer in anderen Ländern kriegen würde, wenn man sie vernünftig im Programm platziert, denn die Handlung ist eigentlich für jedermann verständlich (auch wenn das Ende etwas Interpretationsfreiraum lässt und sich etwas ungeohnt für westliche Zuschauer sein könnte). Es wäre zumindest eine Serie, die man dem typischen Ghibli-Zuschauer ganz gut vorsetzen kann. Der Rest der Fernsehzuschauer ergreift ja bei Animationen eh eher die Flucht…^^‘

Leider ist dies aber eine Serie, die man wohl nicht gut mehrmals gucken kann, so dass ich bei einem Blu-ray-Release im Westen nur bei einem ordentlichen Preis zuschlagen würde.

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